Eines ist klar, der Muttertag nimmt im Einzelhandel eine enorm wichtige Stelle ein und ist sogar wichtiger als der Valentinstag. Im Schnitt gaben die Deutschen 2014 20 Euro aus, um ihre Mutter am zweiten Sonntag im Mai mit einem Geschenk zu Ehren. Die Wahl fällt dabei meistens auf den bunten Blumenstrauß, an zweiter Stelle (aber weit abgeschlagen) kommen die Pralinen.
Die Ursprünge des Muttertags
Angeblich ehrten bereits die alten Griechen Mütter mit einem besonderen Feiertag. Der Muttertag, wie wir ihn heute kennen, wurde jedoch von einer US-Amerikanerin ins Leben gerufen. Die ersten Versuche wurden von Ann Maria Reeves Jarvis und Julia Ward Howe unternommen. Da die Frauenbewegung damals noch in den Kinderschuhen (oder eher: in den Babyschuhen) steckte, hatten diese Unterfangen experimentellen und beinahe schon revolutionären Charakter. Ann Marie Jarvis, die Tochter von Ann Maria Reeves Jarvis, gelang es schließlich, dem Muttertag Gestalt zu geben. Sie veranstaltete am Todestag ihrer Mutter eine Gedenkfeier, die so gut aufgenommen wurde, dass sie im nächsten Jahr 500 Nelken an alle Mütter verteilte, die des Wegs kamen. Der Muttertag war geboren. Nachdem Ann Marie Jarvis lange Zeit für den Muttertag als nationalen Feiertag gekämpft hatte, wandte sie sich mit zunehmendem Erfolg und der fast zwangsweisen Kommerzialisierung des Ehrentages von ihrer Idee ab. Sie verwandte einen Großteil ihres Erbes darauf, vor Gericht gegen den Muttertag anzugehen, landete sogar im Gefängnis und starb arm und verbittert.
Der Muttertag wird weltbekannt
Die Idee des Feiertags für die Mutterschaft fasste schon in den 1910er Jahren in Europa Fuß. Nachdem der Verband deutscher Blumenzüchter den Feiertag etabliert hatte, nutzten die Nazis den Tag als Propagandainstrument. Um ihre Ideen einer germanischen Heldenrasse zu verbreiten, zeichneten sie Mütter mit vielen Kindern als Volksheldinnen aus. Was vom Muttertag unter den Nazis übrig blieb, war Gott sei Dank nur das Datum, der zweite Sonntag im Mai. Auch dies keine Errungenschaft der Nationalsozialisten war, denn dieses Datum war bereits vorher festgelegt worden. Nach dem Krieg wurde der Muttertag mit seinen ungesunden Auswüchsen in Deutschland wieder abgeschafft, nur um in den 1950er Jahren wieder eingeführt zu werden.
Der internationale Muttertag
In über 40 Ländern hat sich der Tag zu Ehren der Mutter als Feiertag etabliert. In den meisten Regionen ist dieser Tag der zweite Sonntag im Mai, aber auch Februar, März und April finden sich auf der Liste. In einigen Ländern wird statt des Muttertags der Internationale Frauentag gefeiert, der auf den 8. März fällt. Das war nicht nur in der DDR so, sondern wird heute noch z. B. in Russland, wo man den Muttertag fast gar nicht kennt, in Albanien und Vietnam so gehandhabt. In anderen Ländern wie beispielsweise Bulgarien oder Rumänien werden der Muttertag und der Internationale Frauentag gemeinsam gefeiert.
Andere Länder, andere Sitten
Hierzulande rangieren das Frühstück am Bett und der obligatorische Blumenstrauß ganz oben auf der Liste der fest verankerten Rituale. In Italien gehört der herzförmige Kuchen zum Standardprogramm. In England und Frankreich gibt es ebenfalls die Tradition, zum Muttertag einen besonderen Kuchen zu verschenken. Der Simnel Cake aus England wurde angeblich von den Geschwistern Simon und Nell erfunden, die sich nicht einigen konnten, ob sie den Kuchen kochen oder backen wollten. Deshalb entschieden sie sich für beide Varianten (wie man einen Kuchen kochen soll? Keine Ahnung…). In Frankreich hat der Muttertagskuchen die Form einer Blume. Etwas turbulenter geht es in Mexiko zu. Dort spielt Musik eine große Rolle. Der Vater und die Kinder bringen der Mutter ein Ständchen, und wer es sich leisten kann, engagiert eine Mariachi Band. In Indonesien geht es nicht allein um Mütter. Seit der Einführung des Tages wird der Bedeutung gedacht, die Frauen für den Staat haben. Und da diese Bedeutung nicht allein in der Mutterschaft liegt, werden in Indonesien verstärkt Seminare angeboten, die Frauen neue berufliche Perspektiven eröffnen. Wenn im Oktober oder November die ersten Regentropfen fallen, beginnen die mehrtägigen Feierlichkeiten in Äthiopien. Die gesamte Familie versammelt sich unter einem Dach, der Vater bringt ein Ständchen, und es wird ausgelassen der Beginn der Regenzeit und der Muttertag gefeiert. Einen der witzigsten Bräuche zum Muttertag gibt es in Serbien. Die Kinder schleichen sich ins Schlafzimmer und fesseln die Knöchel der schlafenden – oder wahrscheinlicher der sich schlafend stellenden – Mutter. Die Gefangene erhält ihre Freiheit nur im Austausch gegen Süßigkeiten zurück. Autor: Gunda Plewe |