Food-Magazin

Eine Reise durch Zeit und Raum - skurrile Tischsitten

Tischsitten
Was an deutschen Tischen als Zeichen guter Erziehung und Höflichkeit gilt, kann in anderen Ländern betretenes Schweigen hervorrufen oder gar als Beleidigung gelten. Dabei muss man nicht einmal den Kontinent wechseln, um gegen die jeweiligen Benimmregeln zu verstoßen. Manchmal reicht es, die Grenze des eigenen Landes zu überschreiten, um beim Essen seltsam angeschaut zu werden!

Reine Männersache


Doch bevor wir in die Ferne schweifen, reisen wir zunächst einmal in der Zeit zurück und werfen einen Blick auf die Tischsitten im alten Rom. Hartnäckig hält sich das Gerücht von den Römern, die sich mit der Pfauenfeder im Hals kitzelten, um sich zu erbrechen und für den nächsten üppigen Gang Platz zu schaffen. Das taten in Wirklichkeit nur wenige dekadente Oberschichtler, der Großteil der Essenden, auch der Adeligen, konnte mit dieser umstrittenen Praxis nichts anfangen. Und obwohl der von Blähungen schwer geplagte Claudius, der Stiefvater Neros, über einen Erlass nachdachte, der das freie Fahrenlassen der Winde bei Tisch per Gesetz erlaubte, galt dies auch bei den Römern als unfein. Schwierig wurde ein ausgiebiges Festmahl, wenn ein Gang zur Toilette anstand. Vom Tisch aufzustehen war verpönt, denn während des Essens wurde eifrig Konversation betrieben, und zwischen den Gängen sorgten Akrobaten und Rezitatoren für gepflegte Unterhaltung. Hier aufzustehen war grob unhöflich, also war striktes Einhalten angesagt. Das war nicht immer ganz einfach, wenn der Hausherr aus den eigenen Werken vorlas und ungeteilte Aufmerksamkeit forderte! Ein römisches Festmahl gruppierte sich um einen Tisch mit höchstens neun Speiseliegen, auf denen der Besuch ruhte. Um der Bequemlichkeit der Gäste willen saß die Hausfrau auf einem Stuhl, um mithilfe der Sklaven ihre Besucher bedienen zu können, und nur höchst selten befand sich unter diesen Gästen eine Frau. Die Männer blieben lieber unter sich.

Ein paar Jahrhunderte später: immer noch reine Männersache


Im Mittelalter speisten Männer und Frauen zunächst getrennt, erst im Hochmittelalter war das weibliche Geschlecht bei Tisch keine Seltenheit mehr. Mit den Damen und den Minnesängern kamen die guten Umgangsformen. Paare tranken aus einem Becher und aßen aus einer Schüssel, und da Anmut in allem, was man tat, hoch geschätzt wurde, kamen manche Dinge einfach nicht mehr infrage. Das Pulen mit dem Dolch in den Zahnzwischenräumen, um Fleischreste zu entfernen , sollte doch lieber hinter der vorgehaltenen Hand stattfinden, so wie wir es heute noch praktizieren. Man achtete darauf, dass keine sechsfüßigen Tierchen (d. h. Läuse und ähnliches Getier) während des Essens am Leib herumkrabbelten, und auch dem Tischnachbarn einfach etwas vom Teller zu klauen war nicht mehr angesagt. Schmatzen und Schnaufen verschwanden ebenfalls aus den adeligen Speisesälen. Ganz wichtig: Lasse etwas für die Armen übrig. Denn auch die Fürsorge für die Armen und Kranken gehörten zu den ritterlichen Tugenden, nicht nur die anmutigen Tischmanieren.

Vorsicht mit den Stäbchen!


In Japan ist die Einladung zum Essen für Europäer mit Benimm-Fallen geradezu gespickt. Nicht nur die Handhabung der Essstäbchen erfordert Geschick. Während sämtliche Speisen aufgetragen werden, darf bereits ohne Rücksicht auf den Gastgeber mit dem Essen begonnen werden. Wählt man eine Suppe, so wird die Einlage mit den Stäbchen gegessen, und danach beginnt das große Schlürfen. Die Brühe wird direkt aus der Schüssel getrunken, und Schlürfen gilt als Kompliment an den Küchenchef. Rülpsen hingegen oder gar das für Asiaten sehr unappetitliche Naseschneuzen ist unbedingt zu vermeiden, zum Naseputzen verschwindet man diskret auf die Toilette. Und die Sojasoße direkt über den Reis zu gießen ist so ziemlich das Beleidigendste, was man einem Koch signalisieren kann, bedeutet es doch, dass sein Essen fade schmeckt. Ist man gesättigt, legt man die Essstäbchen beiseite – aber Achtung, man sollte die Stäbchen nie in die Schüssel legen oder direkt in den Reis stecken – in Japan wie in China ruft diese Geste starke Assoziationen mit einem Totenritual hervor, ebenso wie das Herüberreichen von Speisen mit dem eigenen Paar Stäbchen. Wesentlich lauter und genussfreudiger geht es bei den chinesischen Essern zur Sache. Dort lässt man es sich einfach nur gut gehen, was bedeutet, dass beim Essen nicht nur geschlürft, sondern auch gerülpst werden darf. Das ausgiebige Speisen wird vom Rauchen nicht etwa unterbrochen, indem man wie in Europa verschämt und rücksichtsvoll vor die Tür geht. Die Zigarette in der einen, die Stäbchen in der anderen Hand, kann man in China rauchen, während man sich den Bauch vollschlägt. Man sollte allerdings darauf achten, das eigene Päckchen nicht verschwinden zu lassen, ohne vorher sämtlichen Tischnachbarn eine Zigarette angeboten zu haben.

Cola statt Wein? Undenkbar in Frankreich


Die französischen Tischsitten bestätigen, dass unsere Nachbarn dem Essen einen höheren Stellenwert zuweisen als wir Deutschen, die ja bereits einige strenge Tischsitten kennen. Das Klischee vom Genussmenschen, der sich von feinsten Speisen wie Baguette und Edelkäse ernährt und zum Mittagessen Wein und Pastis genießt, findet reichlich Nahrung beim Betrachten der exzellenten und streng ritualisierten Tischmanieren. Essen ist schließlich eine hochernste Angelegenheit! Auf den Löffel pusten, um die Suppe abzukühlen? Undenkbar. Das Baguette schneiden, statt es zu brechen? Barbarisch! Auch das Hähnchen muss in Frankreich mit Hilfe von Messer und Gabel verzehrt werden, ebenso das Obst. Und wer Cola zum Essen bestellt statt Wein, der kann ohnehin alle Hoffnung fahren lassen, jemals ein wahrer Feinschmecker zu werden.

Apropos Cola


In den USA wünscht man sich vor dem Essen keinen guten Appetit, das macht allenfalls der Kellner, der das Essen serviert, sondern beginnt einfach mit dem Essen. Und wer mal kurz auf die Toilette verschwinden muss, tut es wortlos. Über die us-amerikanischen Tischsitten gibt es noch ein amüsantes Gerücht. Es erklärt, warum die Amerikaner ihr Essen erst komplett in mundgerechte Stücke schneiden und dann, während die eine Hand unter dem Tisch auf dem Schoß liegt, einhändig verzehren. Angeblich hat diese Sitte ihren Ursprung im Wilden Westen, als Schießereien noch an der Tagesordnung waren und eine Hand immer frei sein musste, um in Falle eines Falles schnell reagieren zu können. Und obwohl die meisten Amerikaner heutzutage ohne Schießeisen in der Hand speisen, hat sich diese Sitte gehalten.



Autor: Gunda Plewe

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